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Zum For­mat in der Fo­to­gra­fie

Martin Frech
Abstract.
Am 7. No­vem­ber wur­de im Köl­ner Kunst­haus Rhe­na­nia die Aus­stel­lung »⁠en mi­nia­ture⁠« er­öff­net (vgl. ⁠ ⁠schaelpic.de/#ausstellung-57). Zur Ein­führ­ung ha­be ich ei­nen Vor­trag ge­hal­ten, den ich hier do­ku­men­tie­re.

Wört­lich über­setzt heißt un­ser Aus­stel­lungs­ti­tel ›⁠im Klei­nen⁠‹ und lässt da­mit of­fen, ob sich Mini­a­tur auf das Auf­nah­me- oder das Prä­sen­ta­tions­for­mat be­zieht.

Farbfoto: Fahne ›en miniature – Die Kraft des kleinen Formats‹ Gastbeitrag von Dorothee Freitag. (Foto: Martin Frech, 11/2025)
Do­ro­thee Frei­tag: »en mi­nia­ture – Die Kraft des klei­nen For­mats« (Fo­to: Mar­tin Frech, 11/2025)
Farbfoto: Fahne ›en miniature – Die Kraft des kleinen Formats‹ Gastbeitrag von Dorothee Freitag. (Foto: Martin Frech, 11/2025)

So sind die kleins­ten Bil­der un­se­rer Aus­stel­lung mit je ei­ner Grö­ße von et­wa 4,2 × 5,7 mm (wird durch den Pro­jek­tor noch auf ca. 4 × 5,4 mm be­schnit­ten!) gleich­zeitig die größ­ten, wenn Annas Su­per-8-Film in der Pro­jek­tion auf ei­ne et­wa A4 gro­ße Flä­che ver­grö­ßert wird:

Farbfoto: Super-8-Projektor, der einen Loop abspielt, mit projiziertem Bild im Hintergrund. (Foto: Martin Frech, 11/2025)
Anna C. Wag­ner, Mar­kus Misch­kows­ki: Su­per-8-Loop aus dem Kurz­film »Ex­pe­ri­men­tel­les Por­trait ei­nes Künst­lers« (sw, 2021) (Fo­to: Mar­tin Frech, 11/2025)
Farbfoto: Super-8-Projektor, der einen Loop abspielt, mit projiziertem Bild im Hintergrund. (Foto: Martin Frech, 11/2025)

Die Bil­der in mei­nen Le­po­rel­lo­al­ben ha­ben ein For­mat von 5 × 5 cm, de­ren Flä­chen sind da­mit nur knapp drei Mal so groß wie mei­ne Ne­ga­tive, de­ren Flä­chen wie­de­rum et­wa 36-mal grö­ßer sind als die von Annas Su­per-8-Bil­dern (Le­po­rel­los aus mei­ner Werk­grup­pe »⁠Fo­tos von un­ter­wegs⁠«, 2025).

Tobias’ Feld­weg-An­sich­ten sind et­was klei­ner als Post­karten und ha­ben et­wa die Grö­ße der ent­spre­chen­den Plan­film­ne­ga­ti­ve (Edi­ti­ons­kas­set­te »⁠Wis­sen­de Heiter­keit⁠«, 2013; sie­he auch ⁠ ⁠Hin­weise zu Tobias D. Kerns Ar­beit »⁠Wis­sen­de Heiter­keit. Ei­ne pho­to­gra­phi­sche An­nä­he­rung an Heideggers Feld­weg.⁠«a). Sei­ne Dias der Be­cher-Hom­mage sind Ka­me­ra-Ori­gi­na­le, die wir eben­falls in Ori­gi­nal­grö­ße se­hen (»⁠Vi­vat Bernd – vi­vat Hilla!⁠«, 2020). Bei­de Ar­bei­ten sind flä­chen­mä­ßig et­wa fünf Mal grö­ßer als mei­ne Bild­chen und 15-mal grö­ßer als mei­ne Ne­ga­tive. Trotz­dem: Mi­nia­ture.
Claus Dieter hand­habt es ähn­lich: Auch er bleibt beim Post­karten-For­mat und hat sei­ne 4 × 5″-Ne­ga­tive nur mi­ni­mal ver­grö­ßert (»⁠Ich bin ei­ne Kan­ne⁠«, 2025).
Kurt Wagner (1935⁠–⁠2009) spielt in der glei­chen Liga: Mit et­wa 13 × 18 cm sind sei­ne Mon­ta­gen un­se­re größ­ten Bil­der auf Pa­pier; ok, Annas lang­es Rie­fel­bild ist noch brei­ter.

Mit Yvonnes Ar­beit schließt sich for­mal der Kreis zu Anna: hin­sicht­lich der Bild­grö­ße. Ihr Plas­ti­skop be­in­hal­tet ca. 5 × 5 mm gro­ße di­gi­tal ge­ne­rier­te Dias (»⁠Das Bö­se⁠«, 2024). Die­se win­zi­gen Bil­der se­hen wir ver­grö­ßert durch ei­ne Lu­pe als vir­tu­el­le Bil­der über na­he­zu un­ser ge­sam­tes Sicht­feld.

Man sieht: Das The­ma Bild­for­mat ist ein viel­schich­tig­es The­ma in der Fo­to­gra­fie.

Es soll­te klar sein, dass ich mich nur mit der ana­lo­gen Fo­to­gra­fie und op­ti­schem Ver­grö­ßern be­schäf­ti­ge. In der Sphä­re des Di­gi­ta­len stellt sich die For­mat­fra­ge auf ei­ne an­de­re Wei­se. Den­ken Sie nur da­ran, wel­che un­glaub­li­che Men­ge an vir­tuel­len Mini-Bild­chen dau­ernd auf den Smart­phones kon­su­miert wer­den.

Die Fra­ge nach dem For­mat stellt sich uns zu zwei An­läs­sen, Zwi­schen­schrit­te nicht be­rück­sich­tigt: bei der Auf­nah­me und noch ein­mal bei der Aus­ar­bei­tung un­se­rer Bil­der.

Beim Auf­nah­me­for­mat ist die Aus­wahl ein­ge­schränkt und häu­fig tech­nisch be­dingt. Doch schon hier spielt die Vor­stel­lung vom spä­te­ren Bild­for­mat ei­ne Rol­le, also ei­ne Vor­stel­lung von der Ge­brauchs­wei­se der spä­te­ren Fo­to­gra­fie.

Wenn klar ist, dass mein Bild ein 18/1 wer­den soll (ca. 9 Qua­drat­me­ter; 3,56 m × 2,52 m), wer­de ich an­ders über das Auf­nah­me­for­mat nach­den­ken, als wenn ich weiß, dass es ei­nen klein­for­ma­ti­gen Pros­pekt zie­ren wird.
Das sind Über­le­gungen hin­sicht­lich der tech­ni­schen Bild­qua­li­tät.

Un­ters­te Gren­ze für das Auf­nah­me­for­mat war in der an­ge­wand­ten Fo­to­gra­fie das die­ses Jahr 100 Jah­re al­te Klein­bild­for­mat (24 × 36 mm), für vie­le aber auch schon das sog. Mit­tel­for­mat (ca. 55 mm breit).

Ab­hän­gig vom Gen­re be­din­gen mit­un­ter zu­sätz­lich hand­werk­liche An­for­de­rung­en das Auf­nah­me­for­mat – wenn ich et­wa die Ar­chi­tek­tur­fo­to­gra­fie mit der Re­por­ta­ge­fo­to­gra­fie ver­glei­che; ganz zu schwei­gen von der Mi­kro­fo­to­gra­fie. Hier kön­nen durch­aus Ziel­kon­flik­te ent­ste­hen, zu­mal, wenn öko­no­mi­sche As­pek­te be­rück­sich­tigt wer­den.

Mi­ni­a­tur­ka­me­ras mit ent­spre­chend klei­nen Auf­nah­me­for­ma­ten spie­len in der Fo­to­ge­schich­te durch­gän­gig ei­ne Ne­ben­rol­le. In den 1950er-Jah­ren gab es so­gar ei­nen re­gel­rech­ten Boom mit ei­ner Viel­zahl von Mini-Film­for­ma­ten für ganz ver­schie­de­ne Kleinst­bild­ka­me­ras (z⁠.⁠ ⁠B⁠. mit ei­nem 1.7,5 mm brei­ten Roll­film); noch heu­te wer­den Film­kas­set­ten für das 8 × 11mm-For­mat der Minox kon­fek­ti­o­niert, die ab den 1930er-Jah­ren über 60 Jah­re lang her­ge­stellt wur­de (noch 1996 wur­de mit der EC-X die letz­te neue Minox auf den Markt ge­bracht).

In den 1970er-Jah­ren spiel­te das In­sta­ma­tic-Sys­tem von Ko­dak mit dem nur 16 mm brei­ten Film ei­ne be­deu­ten­de Rol­le auf dem Ama­teur­markt, auch die­se Film­kas­set­ten wer­den noch her­ge­stellt – eben­so mit Farb- und Schwarz­weiß­film. Dem noch klei­ne­ren Disc-For­mat aus den 1980er-Jah­ren war die­ser Er­folg lei­der nicht ver­gönnt, eben­so­we­nig dem 1996 ein­ge­führ­ten APS-For­mat mit den 30 mm brei­ten Ne­ga­ti­ven oder Dias. Für das sog. Halb­for­mat da­ge­gen wird mit der Pentax 17 seit letz­tem Jahr so­gar wie­der ei­ne neue Ka­me­ra pro­du­ziert.⁠ [1]

Alle Kleinst­bild-For­ma­te ha­ben für die bild­mäßi­ge Fo­to­gra­fie das ›⁠Prob­lem⁠‹ des win­zi­gen Bild­trä­gers, des­sen Ar­te­fak­te eben auch ver­grö­ßert wer­den und sich spä­tes­tens beim Post­kar­ten­for­mat stö­rend be­merk­bar ma­chen. Im All­tags­ge­brauch je­den­falls – auf der Photo­kina gabs da­ge­gen re­gel­mäßig schö­ne gro­ße Ab­zü­ge von Minox-Ne­ga­ti­ven zu se­hen.

Es gab aber schon auch ernst­haf­te An­wen­der kleinst­for­ma­ti­ger Auf­nah­me­for­ma­te. So hat bei­spiels­wei­se der Ar­chi­tekt Le Cor­bu­si­er in den 1930-Jah­ren mit ei­ner hand­li­chen 16 mm-Film­ka­me­ra von Sie­mens nicht nur kurze Film­se­quen­zen auf­ge­nom­men, son­dern die Ka­me­ra auch im Ein­zel­bild­mo­dus be­trie­ben und da­mit viel fo­to­gra­fiert.⁠ [2]

Nun ha­ben wir es in die­ser Aus­stel­lung nicht mit an­ge­wand­ter Fo­to­gra­fie zu tun, son­dern mit dem wei­ten Feld der ›⁠frei­en⁠‹ Ar­bei­ten. Wir sind also frei von äu­ße­ren Zwän­gen und müs­sen die For­mat-Fra­gen al­lei­ne mit uns aus­ma­chen.

Prin­zi­pi­ell gilt auch hier das vor­her ge­sag­te – je­doch spie­len Vor­lie­ben ei­ne grö­ße­re Rol­le.

Aus frü­he­ren Aus­stel­lung­en wis­sen Sie viel­leicht, dass ich eher zu klei­nen Prä­sen­ta­tions­for­ma­ten ten­die­re. So klein wie hier, ha­be ich mei­ne Ab­zü­ge aber wohl noch nie ›⁠ver­grö­ßert⁠‹. Das war ei­ne in­te­r­es­sante Er­fahr­ung: Der Auf­wand im La­bor ist ja ähn­lich wie bei 18/24-Ab­zü­gen. Die den Prints zu­ge­schrie­be­ne ›⁠Wer­tig­keit⁠‹ ist je­doch deut­lich ge­rin­ger – und die ist ja bei 18/24 in­zwi­schen auch nicht mehr hoch. Gibt es ein Ideal­for­mat? Für mich ist das stim­mungs­ab­hän­gig: 18/24 oder 30/40, oft aber auch 13/18; das hängt auch da­von ab, was ich mit den Bil­dern ma­che. Ich bin sehr in der Map­pen-, Al­ben- und Buch-Welt ver­haf­tet, dort wirds für mich ab ei­nem Sei­ten­for­mat von ca. A4 schon ha­ke­lig. An der Wand da­ge­gen braucht man schon ein gro­ßes Passe­par­tout, da­mit die klei­nen For­ma­te wir­ken. Ich mag es eben, wenn Fo­to­gra­fien prak­tisch sind.

His­to­risch be­we­ge ich mich da­mit in gu­ter Ge­sell­schaft: das ›⁠Nor­mal­for­mat⁠‹ für Da­guer­reo­ty­pien war ca. 16 × 21 cm (die meis­ten wa­ren je­doch klei­ner); Au­to­chrome wa­ren ähn­lich groß. Das bis ins frü­he 20. Jahr­hun­dert ver­brei­te­te Ka­bi­nett­for­mat (Cab) hat­te et­wa Post­kar­ten­grö­ße, das in die­ser Zeit eben­falls sehr po­pu­lä­re Vi­sit­for­mat (CdV) war nur et­wa 6 × 9 cm groß, eben­so wie die un­zäh­li­gen Kon­takt­kopien der Box­ka­me­ra-Ne­ga­tive in den Fo­to­al­ben bis in die 1960er-Jah­re.

Über­haupt sind Fo­tos im All­tag ja eher klein: in Lehr- und Fo­to­bü­chern, in Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten, in Aus­wei­sen, auf Brief­mar­ken; Ins­tax- und Po­la­roid-Bil­der usw. Wenn ein Fo­to ’mal über ei­ne Dop­pel­sei­te geht, ist das ja höchs­tens A3. Richt­ig gro­ße Fo­tos sieht man re­gel­mäßig ei­gent­lich nur als Au­ßen­wer­bung und in Museen bzw. ein­schlä­gi­gen Ga­le­ri­en.

Die­se Über­le­gungen deu­ten an, dass es eher au­ßer­bild­li­che Grün­de und Be­haup­tung­en für die Fest­le­gung der Bild­grö­ße sind. Die Ver­lo­ckung­en mo­der­ner Druck­tech­ni­ken tun ein Übri­ges. Gro­ße Bil­der ma­chen eben vor­der­grün­dig mehr her, sind de­ko­ra­ti­ver und leich­ter hö­her­prei­sig zu ver­kau­fen. Nicht um­sonst wird Andreas Gursky die Aus­sa­ge zu­ge­schrieb­en: »⁠Klei­ne Bil­der, klei­ne Prei­se – gro­ße Bil­der, gro­ße Prei­se.⁠«
De­nen, die hier ver­kau­fen, wün­sche ich al­ler­dings das Ge­gen­teil.


Fußnoten.
1⁠ ⁠pentax.eu/de/products/pentax-17 [2025-11-13]
2Ben­ton, Tim: »⁠Le Cor­bu­si­er, der ge­hei­me Fo­to­graf⁠«. In: Hersch­dor­fer, N. ; Um­stät­ter, L. (Hrsg.): Le Cor­bu­si­er und die Macht der Fo­to­gra­fie. Mün­chen: Deut­scher Kunst­ver­lag, 2012. ISBN 978-3-422-07158-2, S. 30–53
ahttps://www.medienfrech.de/foto/NzF/2013-10-23_Martin-Frech_Hinweise-zu-Tobias-D-Kerns-Arbeit-Wissende-Heiterkeit-Eine-photographische-Annaeherung-an-Heideggers-Feldweg.html
bhttps://www.schaelpic.de/#ausstellung-57
en mi­nia­ture – Die Kraft des klei­nen For­mats
Aus­stel­lungs­ort:
⁠ ⁠schael­pic pho­to­kunst­bar zu Gast im Ate­li­er von Claus Dieter Geissler im Kunst­haus Rhe­na­niab
Bayen­stra­ße 28
50678 Köln
Aus­stel­lungs­dau­er:
7. bis 9. No­vem­ber 2025
11 bis 18 Uhr
Zitierempfehlung (.BibTeX, .txt):
Frech, Martin: »Zum For­mat in der Fo­to­gra­fie«. In: Notizen zur Fotografie, 2025-11-13. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2025-11-13_Martin-Frech_format.html
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Zitierempfehlung:
Frech, Martin: »Zum For­mat in der Fo­to­gra­fie«. In: Notizen zur Fotografie, 2025-11-13. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2025-11-13_Martin-Frech_format.html$1

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