Zum Format in der Fotografie
Am 7. November wurde im Kölner Kunsthaus Rhenania die Ausstellung »en miniature« eröffnet (vgl. ↱ schaelpic.
Wörtlich übersetzt heißt unser Ausstellungstitel ›im Kleinen‹ und lässt damit offen, ob sich Miniatur auf das Aufnahme- oder das Präsentationsformat bezieht.

So sind die kleinsten Bilder unserer Ausstellung mit je einer Größe von etwa 4,2 × 5,7 mm (wird durch den Projektor noch auf ca. 4 × 5,4 mm beschnitten!) gleichzeitig die größten, wenn Annas Super-8-Film in der Projektion auf eine etwa A4 große Fläche vergrößert wird:

Die Bilder in meinen Leporelloalben haben ein Format von 5 × 5 cm, deren Flächen sind damit nur knapp drei Mal so groß wie meine Negative, deren Flächen wiederum etwa 36-mal größer sind als die von Annas Super-8-Bildern (Leporellos aus meiner Werkgruppe »Fotos von unterwegs«, 2025).
Tobias’ Feldweg-Ansichten sind etwas kleiner als Postkarten und haben etwa die Größe der entsprechenden Planfilmnegative (Editionskassette »Wissende Heiterkeit«, 2013; siehe auch → Hinweise zu Tobias D. Kerns Arbeit »Wissende Heiterkeit. Eine photographische Annäherung an Heideggers Feldweg.«a). Seine Dias der Becher-Hommage sind Kamera-Originale, die wir ebenfalls in Originalgröße sehen (»Vivat Bernd – vivat Hilla!«, 2020). Beide Arbeiten sind flächenmäßig etwa fünf Mal größer als meine Bildchen und 15-mal größer als meine Negative. Trotzdem: Miniature.
Claus Dieter handhabt es ähnlich: Auch er bleibt beim Postkarten-Format und hat seine 4 × 5″-Negative nur minimal vergrößert (»Ich bin eine Kanne«, 2025).
Kurt Wagner (1935–2009) spielt in der gleichen Liga: Mit etwa 13 × 18 cm sind seine Montagen unsere größten Bilder auf Papier; ok, Annas langes Riefelbild ist noch breiter.
Mit Yvonnes Arbeit schließt sich formal der Kreis zu Anna: hinsichtlich der Bildgröße. Ihr Plastiskop beinhaltet ca. 5 × 5 mm große digital generierte Dias (»Das Böse«, 2024). Diese winzigen Bilder sehen wir vergrößert durch eine Lupe als virtuelle Bilder über nahezu unser gesamtes Sichtfeld.
Man sieht: Das Thema Bildformat ist ein vielschichtiges Thema in der Fotografie.
Es sollte klar sein, dass ich mich nur mit der analogen Fotografie und optischem Vergrößern beschäftige. In der Sphäre des Digitalen stellt sich die Formatfrage auf eine andere Weise. Denken Sie nur daran, welche unglaubliche Menge an virtuellen Mini-Bildchen dauernd auf den Smartphones konsumiert werden.
Die Frage nach dem Format stellt sich uns zu zwei Anlässen, Zwischenschritte nicht berücksichtigt: bei der Aufnahme und noch einmal bei der Ausarbeitung unserer Bilder.
Beim Aufnahmeformat ist die Auswahl eingeschränkt und häufig technisch bedingt. Doch schon hier spielt die Vorstellung vom späteren Bildformat eine Rolle, also eine Vorstellung von der Gebrauchsweise der späteren Fotografie.
Wenn klar ist, dass mein Bild ein 18/1 werden soll (ca. 9 Quadratmeter; 3,56 m × 2,52 m), werde ich anders über das Aufnahmeformat nachdenken, als wenn ich weiß, dass es einen kleinformatigen Prospekt zieren wird.
Das sind Überlegungen hinsichtlich der technischen Bildqualität.
Unterste Grenze für das Aufnahmeformat war in der angewandten Fotografie das dieses Jahr 100 Jahre alte Kleinbildformat (24 × 36 mm), für viele aber auch schon das sog. Mittelformat (ca. 55 mm breit).
Abhängig vom Genre bedingen mitunter zusätzlich handwerkliche Anforderungen das Aufnahmeformat – wenn ich etwa die Architekturfotografie mit der Reportagefotografie vergleiche; ganz zu schweigen von der Mikrofotografie. Hier können durchaus Zielkonflikte entstehen, zumal, wenn ökonomische Aspekte berücksichtigt werden.
Miniaturkameras mit entsprechend kleinen Aufnahmeformaten spielen in der Fotogeschichte durchgängig eine Nebenrolle. In den 1950er-Jahren gab es sogar einen regelrechten Boom mit einer Vielzahl von Mini-Filmformaten für ganz verschiedene Kleinstbildkameras (z. B. mit einem 1.7,5 mm breiten Rollfilm); noch heute werden Filmkassetten für das 8 × 11mm-Format der Minox konfektioniert, die ab den 1930er-Jahren über 60 Jahre lang hergestellt wurde (noch 1996 wurde mit der EC-X die letzte neue Minox auf den Markt gebracht).
In den 1970er-Jahren spielte das Instamatic-System von Kodak mit dem nur 16 mm breiten Film eine bedeutende Rolle auf dem Amateurmarkt, auch diese Filmkassetten werden noch hergestellt – ebenso mit Farb- und Schwarzweißfilm. Dem noch kleineren Disc-Format aus den 1980er-Jahren war dieser Erfolg leider nicht vergönnt, ebensowenig dem 1996 eingeführten APS-Format mit den 30 mm breiten Negativen oder Dias. Für das sog. Halbformat dagegen wird mit der Pentax 17 seit letztem Jahr sogar wieder eine neue Kamera produziert. [1]
Alle Kleinstbild-Formate haben für die bildmäßige Fotografie das ›Problem‹ des winzigen Bildträgers, dessen Artefakte eben auch vergrößert werden und sich spätestens beim Postkartenformat störend bemerkbar machen. Im Alltagsgebrauch jedenfalls – auf der Photokina gabs dagegen regelmäßig schöne große Abzüge von Minox-Negativen zu sehen.
Es gab aber schon auch ernsthafte Anwender kleinstformatiger Aufnahmeformate. So hat beispielsweise der Architekt Le Corbusier in den 1930-Jahren mit einer handlichen 16 mm-Filmkamera von Siemens nicht nur kurze Filmsequenzen aufgenommen, sondern die Kamera auch im Einzelbildmodus betrieben und damit viel fotografiert. [2]
Nun haben wir es in dieser Ausstellung nicht mit angewandter Fotografie zu tun, sondern mit dem weiten Feld der ›freien‹ Arbeiten. Wir sind also frei von äußeren Zwängen und müssen die Format-Fragen alleine mit uns ausmachen.
Prinzipiell gilt auch hier das vorher gesagte – jedoch spielen Vorlieben eine größere Rolle.
Aus früheren Ausstellungen wissen Sie vielleicht, dass ich eher zu kleinen Präsentationsformaten tendiere. So klein wie hier, habe ich meine Abzüge aber wohl noch nie ›vergrößert‹. Das war eine interessante Erfahrung: Der Aufwand im Labor ist ja ähnlich wie bei 18/24-Abzügen. Die den Prints zugeschriebene ›Wertigkeit‹ ist jedoch deutlich geringer – und die ist ja bei 18/24 inzwischen auch nicht mehr hoch. Gibt es ein Idealformat? Für mich ist das stimmungsabhängig: 18/24 oder 30/40, oft aber auch 13/18; das hängt auch davon ab, was ich mit den Bildern mache. Ich bin sehr in der Mappen-, Alben- und Buch-Welt verhaftet, dort wirds für mich ab einem Seitenformat von ca. A4 schon hakelig. An der Wand dagegen braucht man schon ein großes Passepartout, damit die kleinen Formate wirken. Ich mag es eben, wenn Fotografien praktisch sind.
Historisch bewege ich mich damit in guter Gesellschaft: das ›Normalformat‹ für Daguerreotypien war ca. 16 × 21 cm (die meisten waren jedoch kleiner); Autochrome waren ähnlich groß. Das bis ins frühe 20. Jahrhundert verbreitete Kabinettformat (Cab) hatte etwa Postkartengröße, das in dieser Zeit ebenfalls sehr populäre Visitformat (CdV) war nur etwa 6 × 9 cm groß, ebenso wie die unzähligen Kontaktkopien der Boxkamera-Negative in den Fotoalben bis in die 1960er-Jahre.
Überhaupt sind Fotos im Alltag ja eher klein: in Lehr- und Fotobüchern, in Zeitungen und Zeitschriften, in Ausweisen, auf Briefmarken; Instax- und Polaroid-Bilder usw. Wenn ein Foto ’mal über eine Doppelseite geht, ist das ja höchstens A3. Richtig große Fotos sieht man regelmäßig eigentlich nur als Außenwerbung und in Museen bzw. einschlägigen Galerien.
Diese Überlegungen deuten an, dass es eher außerbildliche Gründe und Behauptungen für die Festlegung der Bildgröße sind. Die Verlockungen moderner Drucktechniken tun ein Übriges. Große Bilder machen eben vordergründig mehr her, sind dekorativer und leichter höherpreisig zu verkaufen. Nicht umsonst wird Andreas Gursky die Aussage zugeschrieben: »Kleine Bilder, kleine Preise – große Bilder, große Preise.«
Denen, die hier verkaufen, wünsche ich allerdings das Gegenteil.
| 1 | ↑ ↱ pentax. |
| 2 | ↑ Benton, Tim: »Le Corbusier, der geheime Fotograf«. In: Herschdorfer, N. ; Umstätter, L. (Hrsg.): Le Corbusier und die Macht der Fotografie. München: Deutscher Kunstverlag, 2012. ISBN 978-3-422-07158-2, S. 30–53 |
| a | https:// |
| b | https:// |
| en miniature – Die Kraft des kleinen Formats | |
| Ausstellungsort: ↱ schaelpic photokunstbar zu Gast im Atelier von Claus Dieter Geissler im Kunsthaus Rhenaniab Bayenstraße 28 50678 Köln | Ausstellungsdauer: 7. bis 9. November 2025 11 bis 18 Uhr |