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Peter Krieg bloggt

Martin Frech

Für Joseph Weizenbaum ist es ein Müllhaufen⁠1, für Hans Magnus Enzensberger ist es »ein Mount Everest aus Mist«⁠2 und Henryk M. Broder weiß, daß es doof macht: »das WWW ist auch maßgeblich für die In­fan­ti­li­sie­rung und Idi­oti­sie­rung der Öf­fent­lich­keit ver­ant­wort­lich«⁠3. Vielleicht hat er ja – im­mer­hin Mitglied bei den Guten⁠4 – zu viel auf sein­en eigenen Web-Sei­ten⁠5 ge­le­sen.

Ich halte es in die­ser Frage mit Enzensberger – Mist hat ja schließ­lich einen hohen Düngewert⁠6 – und bin im üb­ri­gen froh, daß ich nicht mehr da­rü­ber klagen muß, die Pres­se­frei­heit sei die Frei­heit von zwei­hun­dert rei­chen Leuten, ihre Mei­nung zu verbreiten.⁠7 Denn auf dem 8.850 m hohen Misthaufen habe auch ich ein be­zahl­ba­res Plät­zchen ge­fun­den.

Ebenso ein von mir sehr ge­schätz­ter Pu­b­li­zist und ehe­ma­li­ger Filmautor, auf des­sen neu auf­ge­setz­ten blog »free­mails«⁠8 ich hier hinweisen möch­te. Unter dem Pseu­do­nym Ad Lib will er dort zu­künf­tig Briefe für den Frieden die Frei­heit ver­öf­fent­li­chen, eine für ihn ge­fähr­de­te oder gar aus­ster­ben­de Art Idee: »I consider freedom an en­dan­gered species, iron­i­cal­ly because nearly ev­ery­thing that is done po­lit­i­cally and in­di­vid­u­ally today is done in the very name of freedom. Many of our self styled ‘freedom fighters’ at the same time attack liberal ideas as the most dan­ger­ous modern evil. In such a time of semantic con­fu­sion, freedom is in danger of getting crushed between good in­ten­tions and the quest for po­lit­i­cal power to realize them.«⁠9

Paß auf, daß du deine Frei­heit nutzt,
die Frei­heit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!⁠10

Aber warum »Ad Lib«? Ad Libitum kann mit nach Be­lie­ben über­setzt wer­den. Hmmm, … Da fällt mir ein, hat sich nicht aus­ge­rech­net Jürgen Habermas an der In­ter­net-Be­lie­big­keit gestört? Doch lassen wir das …


Fußnoten.
1Joseph Weizenbaum mit Gunna Wendt: Wo sind sie, die Inseln der Ver­nunft im Cyber­strom? Auswege aus der pro­gram­mier­ten Ge­sell­schaft. Frei­burg: Herder, 2006
2Hans Magnus Enzensberger im In­ter­view mit Peer Teuwsen. In: Der Ta­ges­spie­gel (Ber­lin) vom 7. August 2005
3Henryk M. Broder: »Das In­ter­net macht doof«. In: Der Ta­ges­spie­gel (Ber­lin) vom 9. Januar 2007
4⁠ ⁠achgut.com [2020-07-22]
5⁠ ⁠henryk-broder.de [2020-07-22]
6vgl. z⁠.⁠ ⁠B⁠. die Seite »Mist«. In: Wiki­pe­dia. Online: ⁠ ⁠de.wikipedia.org/wiki/Mist [2020-07-22]
7Paul Sethe hat in ei­nem Leserbrief an den »Spiegel« ge­schrieben: Pres­se­frei­heit ist die Frei­heit von zwei­hun­dert rei­chen Leuten, ihre Mei­nung zu verbreiten. Frei ist, wer reich ist. Das Verhängnis besteht darin, daß die Besitzer der Zei­tun­gen den Re­dak­teu­ren immer weniger Frei­heit lassen, daß sie ihnen immer mehr ihren Willen auf­zwin­gen. Zit. nach: »Frei ist, wer reich ist«. In: Der Spiegel Nr. 34 vom 15. August 1966. Online: https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/46413915" [2020-07-22; nicht mehr da]
8⁠ ⁠freemails.blogspot.com [2020-07-22]
9Ad Lib [Pseu­do­nym von Peter Krieg [Pseu­do­nym von Wilhelm Gladitz]]: »Dear Reader,« (16.01.2007) auf free­mails, 16.01.2007. Online: ⁠ ⁠freemails.blogspot.com/2007/01/dear-reader.html [2020-07-22]
10Mey, Reinhard: Re­frain bei Sei wachsam. Auf »Leucht­feuer«, 1996. Online: ⁠ ⁠reinhard-mey.de/download/RM_Leuchtfeuer/Sei_wachsam_1996.pdf [2020-07-22]
Zitierempfehlung (.BibTeX, .txt):
Frech, Martin: »Peter Krieg bloggt«. In: Notizen zur Fotografie, 2007-01-18. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2007-01-18_Martin-Frech_Peter-Krieg-bloggt.html
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Zitierempfehlung:
Frech, Martin: »Peter Krieg bloggt«. In: Notizen zur Fotografie, 2007-01-18. Online: https://www.medienfrech.de/foto/NzF/2007-01-18_Martin-Frech_Peter-Krieg-bloggt.html$1